Donnerstag, 26. Juli 2012

und den Liebenden plagt die grausamste Vorstellung, die es auf dieser Welt gibt, die Vorstellung, dass sie jetzt in dieser Sekunde einen anderen bei sich hat, und dass sie diesen anderen machen lässt, vielleicht lächelt sie sogar, milde, wenn er sie anfasst, vielleicht strahlt sie ihn sogar an, mit ihren göttlichen Augen, und sagt etwas, vielleicht sagt sie aber auch nichts, und vielleicht schliesst sie die herrlichen Augen, da blev mitt hjerte,

 
vielleicht denkt sie, dass es noch schöner sein könnte, dass es womöglich einmal noch schöner wird, und vielleicht denkt sie an das, was sie sagen wird, wenn es schöner sein wird, rørt for hans skyld, es ist hier sehr vieles denkbar, das geschehen könnte, das gesagt oder getan werden könnte, auf dem alten Bett, Billionen von Sachen, und alle diese Billionen bleiben dem Liebenden verborgen,
er erfährt nichts, er stellt sich das alles nur vor, Billionen von Sachen stellt er sich vor, es ist beliebig viel denkbar, und den Liebenden erfüllen daher naturgemäss auch fast beliebig viele Sorgen, der Liebende würde sogleich kaputtgehen, wenn ihm nicht eine gnädige Natur Ablenkungen und Zerstreuungen bereithielte, donec effundatur super nos, er muss sich naturgemäss zerstreuen, wenn er nicht kaputtgehen will,
und je mehr er liebt, desto umfassender müssen die Zerstreuungen sein, und so besteht die Welt für den grossen Liebenden schliesslich nur noch aus seinem Liebesobjekt und den umfassenden Zerstreuungen, und er zieht im Kraftfeld dieser beiden Universen seine Bahn, spiritus de excelso, wir sagen hier Zerstreuungen und drücken uns hiermit vorsichtig aus, nur Sie und ich wissen, was es da an Zerstreuungen gibt,

Dienstag, 24. Juli 2012

der Liebende muss in seiner Not zu allem greifen, was ihm vor die Augen kommt, und das macht nun leider auch unseren Roman etwas umfangreich, der Liebende befasst sich mit der ganzen Welt, mit dem Kleinen wie mit dem Grossen, mit den Schnecken am Wegrand und dem Weltall, erkennt es, mit Ameisen und Spinnen und Sternen, mit Tulpen, Schwänen, Elefanten und Galaxien, alles wird ihm zum Gegenstand seiner Liebesbetrachtungen, alles zum Gegenstand seiner grenzenlosen Geschichte, verstehen Sie es,

Donnerstag, 19. Juli 2012

jeg stod op for å lukke op for min elskede, und alles, was die Dichter schrieben, alles, was je geschrieben worden ist, wird zur Liebesgeschichte, auch die blöden Sachen, von denen ich sagte, sie seien keine Liebesge­schichte, werden jetzt natürlich trotzdem zu Liebesgeschichten, erkennt es, ihr Völker, alle Unfähigen, alle Verknöcherten und Verdorrten mögen sich freuen, sie verfassen die wunderbarsten Liebesgeschichten, sie sind eine Liebesgeschichte,

og mine hender dryppet av myrra,

 

und wir reisen viel und wollen gar nicht reisen, wir wollen in einer kleinen Stadt leben, auf dem Felsen, nach der rechten Ordnung, und nicht reisen, Echo des Himmels, heiliges Herz, jetzt dann bald, wir haben jetzt dann bald einen Zustand erreicht, in dem wir das Wichtigste, das es zu sagen gibt, gesagt haben, wir haben zu allem das Wichtigste gesagt, was uns noch bleibt, ist nur noch leichte Arbeit, und erschreckt,
wir müssen alle diese kleinen Texte zusammenzustellen, zu einer grossen höllischen Anordnung, dieser Umgang mit fertigen Dingen ist schön, es erfüllt uns die Freude des Altarbauers, der alle die kleinen und grossen Teile, die zu einem Altar gehören, alle diese Säulchen, Bogen, Behälter, Zierleisten, alle Figuren und Bilder und Kreuze und Kerzenständer aus seiner Werkstatt in die Kirche bringt, wo sie aufgebaut werden und ihren Platz finden, wir wollen nicht reisen, sagten wir, donec veniam et tollam vos,
wenn wir reisen und die grossen Parks besuchen, denken wir, dass es in den Parkanlagen der Zukunft Kunstmenschen geben wird, die für Spaziergänge und Gespräche gemietet werden können, wir denken an kluge, sehr kluge Roboter, an Philosophen, an Fachleute für alles nur Denkbare, an Spezialisten für alle Arten von Gesprächen, wir denken an Dichter, die einem beim Dichten beistehen könnten, und auch allerlei elegante Damen und Herren, mit denen Liebesfragen behandelt werden könnten, mine fingrer,

Donnerstag, 12. Juli 2012

und die Gespräche würden nur die erste Stufe bedeuten, in einer zweiten Stufe können, nach zusätzlicher Bezahlung, Gefühlszustände zugeschaltet werden, wer, wie wir, ein Wesen im Zustand extremer Verliebtheit wünscht, im Zustand der Liebesraserei, soll es ausführen können, und zu Forschungszwecken stehen auch Eifersüchtige, Streitlustige, Langweilige, Kalte, extrem Dumme oder zu Tätlichkeiten neigende Gestalten zur Verfügung, Schädel­stätte, wir wissen ja nicht, was die späteren Menschen interessieren wird, was sie alles überwunden haben und nun im Sinne eines neurobiologischen Abenteuers nochmals erleben möchten, vielleicht die Kälte, vielleicht die Unnahbarkeit,
mich ängstigen alle meine Werke, ich begreife nicht mehr, was ich tue,

wir denken, dass das Mittelalter das eigentlich menschliche Zeitalter war, mit seinen Hexenver­folgungen, seinen Henkern und Folterknechten und Viergeteilten und Gehenkten und Geräderten, die vor den Stadttoren von den Raben gefressen wurden, das Mittelalter mit seinem gnadenlosen Adel, der alles aus dem Land gepresst hat, was es hergab, nix mein Problem, du nix kann, unser Freund ward sodann in ein Zimmer geführt, wo er in Schränken ringsum viele wohlgeordnete Papiere zu sehen hatte,

du nix kann, wir denken, dass wir viel konsequenter sein müssten, in allem, viel konsequenter vor allem auch bezüglich der Lieben, viel konsequenter bezüglich der Sexualität, es muss von allem etwas in der Welt geben, der Park ist so gross und so schön, dass man in der Nacht von ihm träumt, Liebesgarten­träume, reif sind, in Feuer getaucht, wir wollen heute nicht in die Museen gehen,

Dienstag, 3. Juli 2012